Chemotherapie

Chemotherapie

Was ist Chemotherapie?

Die Chemotherapie ist eine medikamentöse Therapie zur Behandlung von Krebserkrankungen. Aber auch die Behandlung von Infektionskrankheiten fällt unter diesen Begriff.

Chemotherapeutika gegen Krebs nennt man Zytostatika, gegen Infektionskrankheiten Antibiotika, Virustatika oder Antimykotika.

Bei der Behandlung von Krebserkrankungen macht man sich die schnelle Teilungsfähigkeit der Zellen zunutze. Tumorzellen reagieren sehr empfindlich auf Störungen der Zellteilung. Aber auch gesunde Zellen werden je nach Empfindlichkeit mitbelastet. Daher kommt es zu z.T. erheblichen Nebenwirkungen. Die Indikation einer Chemotherapie muss streng gestellt werden. Risiken und Nutzen müssen abgewogen werden, über eine sinnvolle Medikamentenauswahl muss entschieden werden und der Patient ausführlich aufgeklärt werden. Um Nebenwirkungen zu minimieren, ist häufig eine begleitende Medikation (z.B. gegen Übelkeit oder Allergie) erforderlich. Treten Komplikationen, wie z.B. Infektionen auf, werden diese entsprechend behandelt. Eine positive Einstellung des Patienten zur Therapie durch gute medizinische und psychoonkologische Betreuung verbessert die Verträglichkeit.

Einige Tumorerkrankungen können Stadien abhängig durch eine Chemotherapie dauerhaft geheilt werden. Hierzu gehören beispielsweise Morbus Hodgkin, manche Lymphome, akute Leukämien, Hodentumore, Brustkrebs ohne Fernmetastasen, einige Tumore bei Kindern. Chemotherapie kann neoadjuvant (vor einer Operation) eingesetzt werden, um einen Tumor zunächst zu verkleinern, damit dieser dann gut operabel istadjuvant (ergänzend) nach einer Operation, wenn das Risiko einer Metastasierung groß ist oder palliativ (lindernd), wenn zwar keine komplette Heilung durch die Chemotherapie zu erwarten ist, aber ein Fortschreiten verhindert werden kann oder Beschwerden durch Tumorverkleinerung gelindert werden können.

Mehrere Dutzend verschiedene Zytostatika stehen zur Verfügung. Nach ihrer besonderen Wirkung auf die Tumorzelle werden sie in Gruppen eingeteilt:

  • Alkylanzien
  • Antimetabolite
  • Antitumorantibiotika
  • Vincaalkaloide
  • Taxane
  • Platin Verbindungen
  • Topoisomerasehemmer

Häufig werden mehrere Medikamente kombiniert, um einen optimalen Effekt zu erzielen. Die Verabreichung erfolgt meist intravenös, z.B. über einen implantierten Venenkatheter (Port), manchmal aber auch oral. Die intravenöse Verabreichung muss äußerst umsichtig erfolgen, da Paravasate (Übertritt ins Gewebe) bei manchen Zytostatika zu schweren Gewebsschäden führen (Nekrosen). Die Behandlung umfasst meist mehrere Therapiezyklen. Dies erklärt sich durch das Teilungsverhalten der Tumorzellen. Empfindlich auf Chemotherapeutika sind nur Zellen in einer bestimmten Phase der Teilung. Zum Zeitpunkt der Therapie gibt es also auch unempfindliche Zellen, die nicht erfasst werden. Von diesen Zellen kann eine Wiedererkrankung ausgehen. Chemotherapie-Zyklen sollten zeitgerecht, je nach Therapieprotokoll verabreicht werden, um Resistenzbildung (Unempfindlichkeiten) zu vermeiden. Die Dosis der Medikamente errechnet sich aus Größe, Gewicht (Körperoberfläche), Knochenmarkreserve, Leber- und Nierenfunktion, auch das Alter des Patienten wird berücksichtigt.

Nebenwirkungen von Chemotherapie

Nebenwirkungen sind in ihrer Intensität in Abhängigkeit der Medikamente und ihrer spezifischen Wirkung unterschiedlich ausgeprägt. Nikotinkonsum, Alkohol oder viele Medikamente können die Wirkung von Zytostatika verändern. Wirkungsabschwächung oder Verstärkung der Nebenwirkungen sind die Folge. Am häufigsten sind:

  • Veränderungen des Blutbildes mit Abfall der Leukozyten (weißen Blutkörperchen). Dies wird erst ein paar Tage nach der Gabe messbar und evtl. spürbar. Ist der Abfall sehr stark, besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen. Auch die roten Blutkörperchen und Blutplättchen können abfallen, die Transfusionen von Erythrozyten (roten Blutkörperchen) oder Thrombozyten (Blutplättchen) kann bei schweren Reaktionen notwendig werden. Zur Stimulation der weißen Blutkörperchen können Wachstumsfaktoren (Neupogen®, Neulasta®) gegeben werden. Das Immunsystem wird in der Regel nicht dauerhaft unterdrückt. Stammzellen sorgen für Nachschub aus dem Knochenmark. Gesunde, ausgewogene Ernährung und angepasstes Bewegungstraining fördern die Blutbildung.
  • Schleimhautentzündungen: Eine gute Mund- und Zahnhygiene ist wichtig, Mundspülungen mit Kamillen- oder Salbeitee sind hilfreich.
  • Schädigung von Herzmuskelzellen: Es kann zu Herzrhythmusstörungen und einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) kommen. Besonders häufig tritt dies bei Gabe von Medikamenten aus der Gruppe der Anthrazykline (Antitumorantibiotika) auf, daher darf eine Gesamtdosis nicht überschritten werden. Die herzschädigende Wirkung kann durch Antikörpergabe (Herceptin®) verstärkt werden. Ultraschalluntersuchungen des Herzens (Echokardiographie) sind daher erforderlich.
  • Durchfall: Bei erheblichem Flüssigkeits- und Salzverlust müssen Medikamente gegeben werden. Die Kost sollte angepasst werden.
  • Verstopfung: Häufig sind begleitende Medikamente gegen Übelkeit und Schmerzen verantwortlich. Eine erhöhte Trinkmenge ist erforderlich oder milde abführende Medikamente. Bewegung regt die Darmtätigkeit an.
  • Appetitlosigkeit: Insbesondere während einer Chemotherapie ist eine gute Versorgung mit Nährstoffen wichtig, da geschädigte gesunde Zellen nachgebildet werden müssen.
  • Übelkeit und Erbrechen: Begleitende Medikamente können Übelkeit und Erbrechen sehr wirksam unterdrücken. Sie sind daher ein fester Bestandteil der Therapiekonzepte und den zu erwartenden Nebenwirkungen der verabreichten Medikamente angepasst. Die Unterdrückung von Übelkeit und Erbrechen muss gut gelingen, da sonst manchmal nur bei dem Gedanken an die Therapie schon reflexartig Übelkeit einsetzt und diese häufig über Tage anhält.
  • Harnblasenentzündung: Da einige Zytostatika eine Entzündung der Harnblase verursachen können, werden prophylaktisch entsprechende „Gegenmittel“ verabreicht.
  • Fatigue, Chemobrain: Erschöpfung und Müdigkeit können durch die Veränderung der Blutzellen ausgelöst werden. Aber auch ohne somatische Gründe leiden viele Patienten an diesen Erscheinungen, oft noch lange nach Abschluss der Therapie. Die Behandlung des Fatigue-Syndroms ist wichtig, da die Lebensqualität erheblich beeinträchtigt ist. In unserer Klinik stehen besondere Behandlungskonzepte zur Verfügung.
  • Haarausfall: Viele, aber nicht alle Zytostatika, führen zu vorübergehendem Haarausfall. Dies stellt oft eine große psychische Belastung dar. Manchmal sind neben Kopfhaaren auch Augenbrauen, Wimpern und Schamhaare betroffen. Es kann hilfreich sein, sich auf diese Veränderung vorzubereiten, z.B. durch das Aussuchen einer Perücke oder die Ausstattung mit Mützen und Tüchern. Aktives, offenes Umgehen hilft, diese Phase zu überstehen. Der Haarausfall setzt meist 2-3 Wochen nach der Behandlung ein. Das erneute Wachstum zeigt sich häufig bereits kurz nach Therapieende. „Kältehauben“ während der Therapie vermindern die Durchblutung der Kopfhaut und können daher die Chemotherapie-Einwirkung vermindern. Ein erfolgreicher Einsatz ist jedoch nur bei einer kurzen Wirkdauer des Medikamentes (Halbwertszeit) möglich.
  • Haut- und Nagelveränderungen: Manche Zytostatika führen zu einem Hand-Fuß-Syndrom. Diese Veränderung tritt wahrscheinlich auf, weil sich bestimmte Substanzen der Medikation in der Hornschicht ablagern und zu einer Schädigung führen. Besondere Hautschutzpräparate müssen frühzeitig eingesetzt werden. Auch Hauttrockenheit ist ein häufiges Problem, Juckreiz tritt dabei gehäuft auf.
  • Nerven- und Empfindungsstörungen, Muskelschwäche: Einige Zytostatika können zu einer Nervenschädigung führen. Diese macht sich insbesondere an den sensiblen Nerven der Hände und Füße bemerkbar. Es kommt zu Taubheitsgefühlen, verändertem Tastempfinden oder brennenden Schmerzen. Die Feinmotorik kann gestört sein, sodass es zu Schwierigkeiten bei der Arbeit mit den Händen kommt. Die Verletzungsgefahr ist erhöht. Manchmal ist sogar der Einsatz von Schmerzmitteln notwendig. Diese polyneuropathischen Beschwerden bilden sich meist langsam zurück. Manche Zytostatika führen jedoch zu irreversiblen Schäden, sodass bei ersten Anzeichen die verantwortliche Medikation abgesetzt werden muss. Zur Verbesserung polyneuropathischer Beschwerden ist ein ergotherapeutisches Sensibilitätstraining hilfreich sowie die lokale Anwendung von Vitamin B mit Hilfe der Iontophorese. Auch Medikamente (z.B. Gabapentin, Pregabalin (Lyrica®), Alphaliponsäure) können eingesetzt werden. Kühlpackungen an Händen und Füssen während der Chemotherapie vermindern Nebenwirkungen, wenn die Medikamente nur eine kurze Einwirkzeit haben.
  • Während der Chemotherapie sollte direkte Einwirkung von Sonnenlicht, insbesondere in der Mittagszeit vermieden werden, da die Sonnenlichtempfindlichkeit erhöht sein kann.
  • Viele Zytostatika sind selbst karzinogen und können nach langer Zeit selbst Tumoren induzieren.

Welche Nebenwirkungen auftreten, ist von der Auswahl der Zytostatika abhängig. Die Intensität der Nebenwirkung ist oft nicht vorhersehbar und sehr von Stoffwechselfunktionen des Patienten abhängig. Ein gutes „Nebenwirkungsmanagement“ hilft, die Behandlung optimal durchführen zu können und die Belastung für den Patienten in Grenzen zu halten.

Das Spektrum der Anwendung ist in den letzten Jahren durch neue Substanzen erweitert worden. Die Verträglichkeit schon bekannter Zytostatika konnte verbessert werden. Häufig sind Naturstoffe (pflanzliche oder tierische Gifte) Ausgangssubstanzen. Mikroverkapselte Medikamente sollen möglichst genau zum Zielort gelangen.

Im Rahmen einer Anschlussheilbehandlung/Rehabilitation nach einer Chemotherapie können funktionelle Störungen aufgrund von Nebenwirkungen gezielt behandelt werden und so die Regeneration gefördert werden.

Chemotherapie in der Habichtswald Reha-Klinik

Ist eine Chemotherapie notwendig, kann diese in den meisten Fällen in der Habichtswald-Klinik durchgeführt werden. Ausnahmen sind z.B. Hochdosis-Chemotherapien oder Therapieprotokolle, die eine spezialisierte Versorgung benötigen, die nur in ausgewiesenen Zentren möglich ist. Ist also eine Chemotherapie bei Ihnen empfohlen und soll ein Teil dieser Behandlung in unserer Klinik erfolgen, ist vorab ein Kontakt mit unserem Aufnahmearzt notwendig, um zu prüfen, ob die Gabe in unserer Klinik erfolgen kann.

Während eines Aufenthaltes bei uns kann eine bereits begonnene Chemotherapie fortgesetzt oder auch die Indikation zur Behandlung gestellt und die Therapie begonnen werden. Da ein Aufenthalt bei uns in der Regel 3-4 Wochen dauert, eine Chemotherapie jedoch über einen längeren Zeitraum verabreicht wird (Therapiezyklen), geschieht dies in engem Kontakt mit ihrem Hauptbehandler am Heimatort. Viele Chemotherapien lassen sich ambulant durchführen. Inwieweit eine kurze stationäre Aufnahme zur Verabreichung möglich ist, muss im Einzelfall und in Absprache mit dem Kostenträger geklärt werden.

Bei einer palliativen (lindernden) Chemotherapie muss immer wieder geprüft werden, ob die Therapie auch den gewünschten Erfolg erzielt, das heißt, dass bildgebende Diagnostik und Laboruntersuchungen erfolgen müssen. Da es bei dieser Beurteilung wesentlich um Befundverläufe und -vergleiche geht, sollte die Diagnostik möglichst beim gleichen Behandler durchgeführt werden.

Wird eine Chemotherapie in unserer Klinik verabreicht, erfolgt zunächst ein umfassendes aufklärendes Gespräch. Therapieziele und mögliche Nebenwirkungen werden ausführlich besprochen. Die Verabreichung erfolgt im Einzelzimmer und wird pflegerisch einfühlsam begleitet. Bestehen Sorgen und Ängste, ist eine psycho-onkologische Begleitung auch während der Behandlung hilfreich. Ein spezielles Entspannungsverfahren (Simonton Visualisierungsübungen) wird begleitend angeboten. Unsere Anwendungen aus dem Bereich Krankengymnastik und Physiotherapie unterstützen die Regeneration und verbessern häufig die Verträglichkeit der Therapie, insbesondere deren Auswirkung auf das Immunsystem. Um Nebenwirkungen zu minimieren, setzen wir begleitend (komplementär) auch naturheilkundliche Behandlungen ein. Diese werden auf die Zusammensetzung der Chemotherapie genau abgestimmt, um Wechselwirkungen oder Wirkungsabschwächung zu vermeiden. In Betracht kommen orthomolekulare Nahrungsergänzungsstoffe, pflanzliche Enzyme, wenn möglich gezielte „Gegengifte“ bzgl. Zellschädigung, gesunden Gewebes und immunstärkende Medikamente. Methoden aus der TCM (Traditionell chinesischen Medizin) und Akupressur verbessern die Verträglichkeit. Die Ernährung muss stoffwechselangepasst erfolgen und dem Energiebedarf entsprechen.

Viele unserer Patienten sind häufig überrascht, dass sie im Vergleich zu vorigen Zyklen die Behandlung nicht nur subjektiv deutlich besser vertragen, sondern auch Nebenwirkungen wie Schleimhautentzündungen, Blutbildveränderungen und Übelkeit reduziert sind. Die entspannte Atmosphäre, begleitende medikamentöse Behandlungen, psychoonkologische Unterstützung und unser individuelles Anwendungskonzept tragen dazu wesentlich bei. Der Patient kann dadurch bedingt seine eigenen Kräfte optimal unterstützend einsetzen und trägt damit selbst zum Erfolg der Behandlung bei.